Viele Plätze blieben bei der Pflegekonferenz leer – wichtige Akteure fehlten
Ende Oktober, fand im Abraham-Gumbel-Saal der Volksbank Heilbronn die Kommunale Pflegekonferenz der Stadt Heilbronn statt. Eingeladen hatte das Amt für Familie, Jugend und Senioren. Ziel war es, die Zusammenarbeit zwischen Pflegeeinrichtungen, Verwaltung und Wissenschaft zu fördern. In der Realität blieben jedoch viele Stühle leer – zahlreiche bedeutende Akteure und Pflegeanbieter waren gar nicht erst erschienen. Eröffnet wurde der Tageskongress von Sozialbürgermeisterin Agnes Christner. Leider konnte sie wegen eines parallelen Besuchs des Bundeskanzlers Friedrich Merz zum Spatenstich des IPAI nicht an der gesamten Konferenz teilnehmen.
Themen verfehlten den Bedarf der Praxis
Das Programm der Pflegekonferenz bot zwar interessante Einblicke in aktuelle Projekte und Studien, ging jedoch nur bedingt auf die praktischen Herausforderungen der Pflege in der Stadt Heilbronn ein. Die Vorträge zu Springer- und Ausfallkonzepten sowie zum Quartiersmanagement beleuchteten übergeordnete Fragestellungen, blieben aber ohne direkten Bezug zu den drängenden und akuten Themen der lokalen Pflegepraxis. Auch der Vortrag von Dr. Julia Stoch zum praktischen Einsatz von Robotern in der Pflege war sehr spannend, zeigt aber nur einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten, die Digitalisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz in der Pflege bieten können. Gerade in Heilbronn, in der aktuell mit dem IPAI das europäische Zentrum für Künstliche Intelligenz entstehen soll, wäre aus Sicht von proindividuum mehr Impuls und praktische Lösungsansätze möglich gewesen.
Herausforderungen der Pflegeanbieter
Einrichtungen in Heilbronn stehen vor ganz konkreten Herausforderungen wie fehlenden Tagespflegeangeboten, einem Mangel an Pflegeplätzen in stationären Einrichtungen und der ambulanten Pflege, sowie der schleppenden Bearbeitung von Kostenzusagen durch das städtische Sozialamt. Gerade dieser letzte Punkt sorgt seit Jahren für Frust und eine hohe finanzielle Belastung bei den Leistungsanbietern in der Praxis.
„Wir warten teilweise über ein Jahr auf eine Kostenzusage des Sozialamtes Heilbronn – das erschwert unsere Arbeit und gefährdet die Versorgungssicherheit“, erklärt Aida Leibbrand, Geschäftsführerin von proindividuum.
Es könne nicht sein, dass eine verzögerte Beratung von Anträgen auf dem Rücken der Pflegeanbieter ausgetragen werde.
Fehlende gemeinsame Perspektive
Kritisch ist aus Sicht von proindividuum, dass die Veranstaltung ausschließlich für die Stadt Heilbronn organisiert wurde. Eine gemeinsame kommunale Pflegekonferenz für den gesamten Stadt- und Landkreis Heilbronn existiert nicht. Dabei endet Pflege nicht an der Stadtgrenze. Pflegebedürftige, Angehörige und Dienstleister sind überregional miteinander verbunden. Dies zeigt sich nicht nur bei proindividuum mit seinen beiden Standorten in Heilbronn und Ilsfeld.
„Eine regionale Pflegekonferenz sollte immer Stadt und Landkreis gemeinsam denken – die Herausforderungen sind dieselben, die Strukturen greifen ineinander“, so Matthias Leers, Assistent der Geschäftsführung bei proindividuum.
Kommunale Verantwortung braucht Praxisnähe auch auf einer Pflegekonferenz
Kommunen tragen eine große Verantwortung für die Daseinsvorsorge – auch in der Pflege. Fördergelder und Konzepte allein reichen nicht aus. Entscheidend ist, dass die Stimme der Praxis gehört wird. Einrichtungen wie proindividuum, die täglich an der Basis arbeiten, müssen stärker einbezogen werden, wenn Strukturen neu gedacht oder wirksame Netzwerke aufgebaut werden.
Anspruch und Auftrag der Kommunalen Pflegekonferenz
Kommunale Pflegekonferenzen sollen ein zentrales Instrument des Landes Baden-Württemberg sein, um die Pflege auf kommunaler Ebene strategisch zu stärken. Sie dienen dazu, den Austausch und die Abstimmung zwischen verschiedenen Akteuren zu fördern – von Pflegeeinrichtungen über Krankenkassen und Wohlfahrtsverbände bis hin zu ehrenamtlichen Initiativen. Ziel ist es, die kommunale Pflege- und Unterstützungsstruktur weiterzuentwickeln und bedarfsgerechte Lösungen für ältere und pflegebedürftige Menschen zu schaffen. Dabei stehen u.a. Themen wie die Quartiersentwicklung, neue Wohnformen, Beratungsangebote und die Vernetzung aller relevanten Akteure im Mittelpunkt. Diesem Anspruch muss auch eine Pflegekonferenz in Heilbronn gerecht werden.
Bedeutung des Austauschs und Blick nach vorn
Die Pflegekonferenz kann hierzu ein wichtiges Forum sein – vorausgesetzt, die Inhalte werden praxisnäher gestaltet und die Akteure der Pflege konsequent einbezogen. Dazu gehören ambulante Dienste ebenso wie stationäre Einrichtungen, Sozialstationen und private Anbieter, die rund 50 Prozent der Versorgungsstrukturen in Deutschland stellen.
„Wir brauchen keine weiteren Gremien, die Probleme analysieren, sondern Formate, die Lösungen anstoßen und Entscheidungen beschleunigen“, betont Aida Leibbrand.
Unser Fazit: Pflege braucht mehr Realitätssinn und Zusammenarbeit
Die Kommunale Pflegekonferenz in Heilbronn hat gezeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit aus der Sicht von proindividuum noch auseinanderliegen. Für eine echte Verbesserung der Versorgungslandschaft braucht es den Dialog und Vereinbarungen mit denjenigen, die täglich pflegen, koordinieren und Verantwortung übernehmen. Hierzu müssen kommunale Aktivitäten auch diese Organisationen und Unternehmen ansprechen – gerade auch wenn dafür Fördermittel des Sozialministeriums verwendet werden. proindividuum wird sich weiterhin aktiv in regionale Netzwerke einbringen, um die Versorgung in Heilbronn und Umgebung zukunftssicher zu mitgestalten.